Arbeiten ohne Medikament

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von Anja1984
Am
Beiträge: 6
Registriert: 7. Dezember 2020, 14:33

Arbeiten ohne Medikament

Hatte nun im November einen Schub, war 2 Wochen im Krankenhaus wo dann auch MS festgestellt wurde.
Habe da 3 Tage Kortison bekommen.
Auf ein Medikament (Gilenya) soll ich nun erst im neuen Jahr am 13.01. eingestellt werden.
Ist es dann gut ab nächster Woche wieder zu arbeiten?
Da ich Angst habe das sich durch den Stress dann wieder ein neuer Schub auslöst. Zumal ich ja noch kein Medikament nehme was Schübe reduzieren soll.

von BirgitS
Am
Beiträge: 6846
Registriert: 27. Januar 2015, 13:30

Re: Arbeiten ohne Medikament

Hallo Anja,

ich wäre vorsichtig.
Ich war nach der Diagnose mit Krankenhausaufenthalt anschließend zur Reha.
Also habe ich nach dem Schub knapp 6 Wochen nicht gearbeitet.

Diese Zeit brauchte ich auch, obwohl ich nur drei halbe Tage arbeite.

Es ist alles neu und du solltest dir klar machen, dass du eigentlich nicht weitermachen kannst, als gäbe es die MS nicht.
Auch mit einem Medikament ist nicht alles wie bisher.

Ich spüre es, wenn es stressig bei mir ist. Dann kommen alte Probleme ( Kribbeln an den Füßen, im Extremfall sogar bis zu den Unterschenkeln).
Also mach lieber langsam.

Birgit

von Anja1984
Am
Beiträge: 6
Registriert: 7. Dezember 2020, 14:33

Re: Arbeiten ohne Medikament

Danke Birgit, ich war jetzt insgesamt 4 Wochen Zuhause ( 2Wochen Krankenhaus und 2Wochen krank geschrieben).
Aber eben nur bis Ende der Woche krank geschrieben.
Deshalb habe ich ja auch Angst schon wieder zu arbeiten, das müsste ich ja 3Tage je 7 Stunden.
Und Stressfrei ist meine Arbeit nun mal leider nicht.

von susaen
Am
Beiträge: 994
Registriert: 24. Januar 2013, 16:37

Re: Arbeiten ohne Medikament

Hallo Anja1984,

da ich nicht weiß, ob du die PN bekommen hast, schreibe ich das dir hier nochmal:

wurdest du über Gilenya überhaupt aufgeklärt? und auch über die Alternativen?

Wegen Gilenya als Ersttherapie wurde deine MS als eine hochaktive MS mit rascher Behinderungsprogresion eingeteilt?
Wurdest du darüber informiert? Bzw. stimmt das überhaupt?
Bei deiner hochaktiven MS wäre mögliche Alternativen noch Tysabri, Ocrelizumab, Lemtrada und Mavenclad.

Denn Gilenya darf nur gegeben werden wenn:
"Fingolimod kann bei folgenden Patientengruppen eingesetzt werden:
1. Patienten, die trotz Behandlung mit mindestens einem verlaufs-modifizierenden Medikament eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen, können mit Fingolimod behandelt werden.
2. Patienten mit rasch fortschreitender schwerer schubförmig-remittierend verlaufender Multipler Sklerose können auch primär mit Fingolimod behandelt werden, wenn zwei oder mehr Schübe mit Behinderungsprogression im Jahr zuvor aufgetreten sind und im kraniellen MRT mindestens 2 neue T2-Läsionen im Vergleich zu einer kürzlich durchgeführten (sechs bis zwölf Monate alten) MRT-Aufnahme nachweisbar sind."
https://www.kompetenznetz-multipleskler ... frei-1.pdf

Und ich hoffe für dich, dass die Ärzte dir auch diesen Aufklärungsbogen mitgegeben haben:
https://www.kompetenznetz-multipleskler ... ebfrei.pdf

Und wurdest du über die Aktuellen Fällen von Leberversagen unter Gilenya von den Ärzten informiert?

Auch wenn du heute schon mit Gilenya starten würdest, würde es Wochen oder Monate dauern bis vielleicht eine Schutzwirkung aufgebaut ist. Und keiner kann dir sagen, ob du überhaupt eine Schutzwirkung vor weiteren Schüben unter Gilenya hast.
Das kann man vielleicht in 6-12 Monaten unter der Therapie sagen.

Das nächste Thema wäre unter Gilenya für dich noch die mögliche Sars-CoV-2 Infekion.
Gilenya wirkt, wie auch Ocrelizumab, Mavenclad, Lemtrada, Aubagio und Tecfidera, Immunsuppressiv.
D.H. im Falle einer Infektion mit dem Sars-CoV-2 gehörst du damit zur Risikogruppe für einen schweren Verlauf der Covid-19 Erkrankung.
https://www.amsel.de/multiple-sklerose- ... ona-virus/

Auch eine Impfung ist mit Gilenya noch nicht wirklich als überhaupt wirksam bekannt. Denn durch die Veränderung der Leukozyten bei dir, kann dies dazu führen, dass eine Impfung gegen das Sars-CoV-2 nicht wirkt.

Deswegen sollten momentan auch nur noch die MS Fälle auf Gilenya oder andere Immunsuppresiva eingestellt werden, wo die MS eine höhere Gefahr für die Lebensqualität darstellt, als das Risiko einer Covid-19 Erkrankung.
Denn ob eine Impfung bei Immunsuppremierten MSlern einen Schutz überhaupt aufbaut, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen. Und für diese Zeit heißt es nichts anderes als Selbstisoloation und Hygienemaßnahmen so weit es überhaupt noch geht.

Ich weiß, viele Informationen und ich hoffe das war für dich nichts neues.
Wenn doch, hol dir vor der ersten Gilenyatablette noch dringend eine zweite Meinung ein, oder frag nach Tysabri, darunter wären zumindest die Impfungen noch wirksam und es besteht aktuell kein verdacht auf einen schweren Covid-19 Verlauf.

Grüße
susaen

von Anja1984
Am
Beiträge: 6
Registriert: 7. Dezember 2020, 14:33

Re: Arbeiten ohne Medikament

Hallo Susaen
Ich wurde nicht über andere Alternativen oder ähnliches aufgeklärt. Mein Neurologe hat das mit dem Leitenden Oberarzt der Neurologie so entschieden. Dieser soll mich dann im Krankenhaus auf das Medikament einstellen an einem Tag.
Von den Nebenwirkungen habe ich gelesen und auch echt Angst davor. Leider gibt es hier in meiner Umgebung nicht großartig Neurologen zur Auswahl.
Mein Schub war das meine linke Körperhälfte sich taub anfühlte und laufen ging nur mit Gehhilfen, da das linke Bein regelrecht blockierte.
Im MRT waren 2 Läsionen zu sehen.
Mein EDSS liegt bei 4,5.

von susaen
Am
Beiträge: 994
Registriert: 24. Januar 2013, 16:37

Re: Arbeiten ohne Medikament

Hi Anja1984,

auch wenn die Auswahl an Neurologen gering ist, würde ich an deiner Stelle eine zweite Meinung einholen.
Denn Ärzte die über die Behandlung entscheiden gibt es leider sehr viele, ob das dann im besten Sinne des Patienten ist, ist meist was ganz anderes.
Bei MS gibt es bis heute keine Biomarker die helfen können, eine gute Therapie im Vorfeld auszuwählen, sondern es heißt immer Probieren und mind. 12 Monate nehmen und schauen ob die Therapie wirkt...
Also nach ca. 6 Monaten keine neuen Schübe auftreten.

Du kannst dir gerne mal diese Seite anschauen, da wird viel über den guten Umgang mit dem Patienten geschrieben:
http://ms-stiftung-trier.de/blog/
Und auch wie die Neurologen teilweise einfach über den Kopfhinweg entscheiden.

Ich bin auch eine Zeitlang knappe 80km zum Neurologen gefahren, weil es mir einfach wichtig war, eine gute medizinische Betreuung zu haben.

Nach meinem Umzug sind es noch 45km... denn mit denen vor Ort bin ich nicht wirklich zufrieden.

Und wenn nur ein Medikament genannt wird, sollte man eh sehr Hellhörig werden. Das gilt für alle Erkrankungen, denn da kann es leider sein, dass gerade die Pharmavertretung im Haus war.

Wenn du "nur" zwei Läsionen hast, die auch beide wahrscheinlich Kontrastmittel aufnehmen, kann eine MS Diagnose nicht gestellt werden.
Oder waren es zwei Läsionen die Kontrastmittel aufgenommen haben und noch welche ohne Kontrastmittelaufnahme, oder eine mit und die andere ohne Kontrastmittelaufnahme?

Nochmal zu Gilenya, warum Gilenya nicht wie in den USA und der Schweiz als Erstlinienmedikament zugelassen worden ist, liegt an den Nebenwirkungen, nicht an der Wirkung!
Und die Nebenwirkungen wurden seit der Zulassung immer mehr, statt weniger, vorallem auch gravierender.
Und wenn deine MS wirklich so aktiv und stark einschränkend ist, gibt es noch Tysabri, das wesentlich schneller einen Wirkungseintritt hat und auch die Schubreduktionsrate von Tysabri ist höher als von Gilenya.
Denn Tysabri gehört zu den stärksten MS Medikamenten die es auf dem Markt gibt und hat die gleiche Indikation wie Gilenya.

Vor allem kann bei einem Therapieversagen von Tysabri leichter auf ein anderes Medikament gewechselt werden, als bei Gilenya. Teilweise scheidet Tysabri sogar nach Gilenya komplett aus, weil das PML Risiko zu sehr ansteigt.

Zu deinem EDSS:
Das heißt, deine freie Gehstrecke liegt aktuell zwischen 300-500 Meter. Und du schafst es am Tag bis zu 12 Stunden aktiv zu sein.

Hat sich deine Symptomatik mitlerweile gebessert? Oder sind die Ausfälle geblieben?

Wenn deine Symptomatik noch vorhanden ist, könnte man Versuchen nochmal mit Kortison nachzulegen und wenn das auch nichts bringt, ggf. noch eine Plasmapherese durchzuführen. Wurdest du darüber aufgeklärt?

Und wurde mit dir über eine Reha gesprochen?

Oder wurde dir Physiotharpie angeraten? Gerade bei der Einschränkung in der Gehfähigkeit ist die sehr wichtig.

Wenn deine Symptome wieder besser geworden sind, hat sich der EDSS auch verbessert.

Das wichtigste bei der MS ist es, nicht blind den Ärzte zu vertrauen. Das gilt auch für alle anderen Erkrankungen...

Grüße
susaen

von Anja1984
Am
Beiträge: 6
Registriert: 7. Dezember 2020, 14:33

Re: Arbeiten ohne Medikament

Eine Läsion war mit Kontrastmittel zu sehen, die andere schon älter.
Physiotherapie bekomme ich aber von einer Reha war nie die Rede.
Wie lange dauerte es bei dir bis du auf ein Medikament eingestellt wurdest?
Oder wäre ein MS Zentrum besser?

von susaen
Am
Beiträge: 994
Registriert: 24. Januar 2013, 16:37

Re: Arbeiten ohne Medikament

Hallo Anja1984,

meine Diagnose ist schon über 20 Jahre her und damals war die Vorausetzung für eine Therapie, mind. 2 klinische Schübe, ansonsten keine Therapie!
Der Schub war ein kompletter Querschnitt und ich habe etwas länger gebraucht um wieder richtig laufen zu können.

Und auch da hat man sich dann nochmal ein paar Wochen zeit gelassen, weil die Therapie mind. 6 Monate genommen werden muss um überhaupt eine Schutzwirkung aufbauen zu können.
Da kam es nicht auf Tage oder Wochen so wirklich an.

Aber vor 20 Jahren gab es halt auch nicht so viel Auswahl und da wurde nur dann eine Therapie auch wirklich eingeleitet, wenn man sich davon eine Schubredukion versprochen hat.
Ich kenne etliche MSler die alle 10 Jahre einen leichten Schub haben und keine Medikamente nehmen.

Und wenn du jetzt deinen ersten Schub hast und nur diese zwei Läsionen in dem MRT zu finden sind, erfüllst du nicht mal annährend die Indikation für Gilenya.

Geschweige denn für eine andere Therapie für eine hochaktive MS. Denn diese Therapien haben alle Langzeitfolgen die teilweise erst nach Jahren bei dir zu Tragen kommen. Leben musst du aber Trotzdem damit. Hier ist vor allem das erhöhte Tumorrisiko zu nennen.

Ein MS Zentrum kann von Vorteil sein, hängt aber auch da viel von den Ärzten ab.
Es gibt auch MS Ambulanzen in diversen Krankenhäusern, aber da ist es auch sehr unterschiedlich.
Wichtig ist, das du Fragen stellen kannst und du auch genügend bedenkzeit für deine Entscheidung bekommst.

Es darf dir auch nicht nur eine Möglichkeit angeboten werden, sondern es gibt heute so viele alternative Medikamente das man immer die Auwahl zwischen den unterschiedlichen Varianten hat.

Von daher sollten mind. die Medikamente alle aufgezählt werden, die für deine MS in Frage kommen könnten, nur Aufgrund deines bisherigen Verlaufes.
Und dann mir dir die einzelnen Medikamente durchgehen und jeweils die Vor-und Nachteile aufschreiben, dass du was hast, das du mit nach Hause nehmen kannst und dann in aller Ruhe zu hause nochmal darüber nachdenken kannst, um dann eine Entscheidung treffen zu können.
Das machen nur ganz wenige Ärzte, aber das ist leider der Weg, mit dem der Patient am Ende am zufriedensten ist und auch die Therapie gut durchhält, auch wenn Nebenwirkungen auftreten.

Grüße
susaen