MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

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von Manuel90
Am
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dezember 2020, 16:27

MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo liebes Forum,
ich bin neu hier und wende mich völlig verunsichert aktuell an euch. Ich bin Manuel, 30 Jahre und habe heute meine Diagnose MS erhalten. Dies wirft mich aktuell völlig aus der Bahn und ich weiß nicht so recht, wie ich damit umgehen soll.

Zu meiner Geschichte: Ich hatte im Mai Covid 19, ich würde behaupten einen für mein Alter etwas stärkeren Verlauf, aber noch nicht so weit, dass ich ins Krankenhaus musste. Zu meinen Symptomen zählten Fieber, Kopfschmerzen, beeinträchtigtes Geschmacks und Geruchssinn, schwerer Atem und schnell aus der Puste sein. Dazu hatte ich die ersten 3-4 Tage einen tauben Zeigefinger.

Nachdem ich alles hinter mir hatte, hatte ich einige Monate später immer wieder mal phasenweise für eine Tage Fatigue ähnliche Symptome, die waren dann etwas stärker. Konzentrationsschwierigkeiten, Antriebslosigkeit, Wortfindungsstörungen, usw. Diese ziehen sich allerdings auch so mal mehr, mal weniger durch den Alltag, aber nicht in der Ausprägung, wie im Sommer.

Um einfach mal alles prüfen zu lassen, bin ich zur Neurologien gegangen. Sie hat ein MRT vom Kopf machen lassen und 4 Gliosen entdeckt. Darauf wurde eine Liquoruntersuchung durchgeführt und die MS spezifische Untersuchung fiel positiv aus.

Im Alltag habe ich ansonsten hier und da Muskelzuckungen, mal mehr, mal weniger. Ansonsten keine weiteren MS Symptome. Die typischen Untersuchungen vor 3 Wochen im Krankenhaus waren vor Ort neurologisch auch einwandfrei.

Diese Diagnose hat mich nun völlig verunsichert. Mich treiben Zukunftsängste um, ich fühle mich depressiv und orientierungslos. Die depressive Grundstimmung habe ich aber seitdem MRT schon , da mich die Ungewissheit geplagt hat.

Die Neurologien rät mir nun mit einer milden Basistherapie anzufangen, um das Risiko zu minimieren. Ich habe auch Angst vor dieser Basistherapie zwecks Nebenwirkungen etc.

Ich bin aktuell noch völlig aufgewühlt. :cry:

Wie sind eure Erfahrungen gewesen? Was bedeutet das für mein zukünftiges Leben?

Ich bin sehr sehr dankbar über ernstgemeinte Antworten und Erfahrungen.

Liebe Grüße
Manuel

von Jukala
Am
Beiträge: 14
Registriert: 7. November 2020, 11:18

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Manuel,

erst einmal herzlich Willkommen!

Dass du heute am Tag der endgültigen Diagnose noch nicht weißt, wie du damit umgehen sollst und verunsichert bist, ist denke ich mehr als verständlich. Das wird sicherlich Zeit brauchen und die solltest du dir nehmen und dich nicht selbst oder dich von anderen irgendwie unter Druck setzen lassen schnell irgendwelche Entscheidungen zu treffen.

Zur langfristigen Perspektive kann ich noch wenig sagen, da es bei mir selbst auch noch keine 2 Monate her ist und doch kommt es mir bereits viel länger vor.

Letztendlich sieht die MS aber auch bei jedem anders aus, sodass die leider niemand genau sagen kann, was dich ganz persönlich erwartet.

Für mich war die Strategie mich mit vielen Fachinformationen zu versorgen um besser zu verstehen, was in meinem Körper gerade passiert und welche Therapieoptionen es gibt.
Z.B. gibt es unter diesem Link sehr detaillierte Handbücher zu den verschiedenen Medis: https://www.kompetenznetz-multipleskler ... ndbuecher/

Auch die vielfältigen Erfahrungen hier im Forum haben mir sehr geholfen. Über die Suchfunktion findet man eigentlich zu fast jedem Thema oder jeder Frage etwas.

Aber auch bei den sozialen Medien findet sich viel, z.B. gibts beim Instagram der DMSG eine Videoserie von jungen Menschen mit MS extra für Neubetroffene.

Daneben habe ich mich viel mit Familie und Freunden ausgetauscht, über ihre und meine Unsicherheiten.

Aber das ist wie gesagt mein ganz persönlicher Umgang, da hat sicherlich jeder ein eigenes Vorgehen. Wie geht's du denn sonst mit Problemen oder neuen Situationen um? Welche Strategien nutzt du?

Liebe Grüße,
Julia

von Manuel90
Am
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dezember 2020, 16:27

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Julia,
danke für deine Nachricht.
Ich neige leider dazu hypochondrisch zu reagieren und habe das Gefühl, dass ich eine gewisse Angststörung besitze und auch zu gewissen Panikattacken. Die letzten Wochen haben dies natürlich gefördert.
Die ganze Situation belastet mich derzeit sehr und ich habe noch nicht den richtigen emotionalen Zugang gefunden.

Ich versuche mir ständig einzureden, dass es ja dann doch gar nicht so schlimm ist vielleicht und es keine Weltuntergangsdiagnose ist.
Vor allem die Zukunftsängste und mögliche dadurch zerplatzende Träume und Ziele machen mir zu schaffen.
Die Familie ist natürlich eine gute Stütze an dieser Stelle, allerdings muss ich da selbst mit fertig werden.

Macht es evtl denn auch mal Sinn, sich trotzdem eine zweite Meinung einzuholen? Meine Symptome sind ja doch recht unspezifisch bislang gewesen.
Bedeutet es zu 100% , wenn die Olig Banden positiv sind, dass es eine MS ist ? Hat jemand Erfahrung auch damit gemacht ?

von BirgitS
Am
Beiträge: 6846
Registriert: 27. Januar 2015, 13:30

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Manuel,

schön, dass du uns hier gefunden hast.
Ich bin kein Mediziner, aber ich würde mir auf alle Fälle eine zweite Meinung einholen.

Was mich stutzig macht, ist deine Covid19 Erkrankung. da kam vor ein paar Tagen bei im SWR ein zweistündiges Interview mit einer Ärztin einer neurologischen Nachsorgeklinik, die nun vermehrt Covid 19 Spätfolgen zu behandeln hat.
Ich meine, da war von denselben Symptomen die Rede, die du beschreibst.

Selbst wenn es MS ist, man kann damit trotzdem sein Leben wie bisher führen. Es gibt auch sehr milde Verläufe.

Birgit

von Manuel90
Am
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dezember 2020, 16:27

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Birgit,
vielen Dank für deinen Beitrag. Das sagen mir sehr viele mit denen ich spreche, dass es auch sehr milde Verläufe geben kann. Das macht mir etwas Mut.
Ich habe die ganze Sache allerdings noch nicht akzeptiert und verarbeitet und bin aktuell in ein sehr emotionales Loch gefallen.

Wie ging es euch damit so? Wie habt ihr die Diagnose verarbeitet?
Ich möchte gerne ein ganz normales Leben führen ohne die ganze Zeit an diese Krankheit zu denken.

Liebe Grüße
Manuel

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von Glückskind66
Am
Beiträge: 7261
Registriert: 28. Juli 2014, 07:55

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Manuel,

erst einmal willkommen in unserer Runde.

Zunächst einmal gut, daß Du Covid19 überstanden hast. Dazu noch die MS-Diagnose ist natürlich gar nicht schön. Allerdings habe ich bei der Aufzählung der zum Teil zurückbleibenden Symptome von Covid19 schon oft an MS gedacht. Keine Ahnung, ob da ein Zusammenhang bestehen kann. Das wissen die Ärzte momentan eher auch nicht.

Für Dich heißt es jetzt erst einmal, wieder Fuß im Alltag zu fassen. Gegebenenfalls auch mit psychologischer oder psychiatrischer Hilfe. Die MS-Diagnose haut einem erst einmal die Beine weg. Sie bedeutet aber heutzutage nicht mehr zwangsläufig ein schlechtes Leben als Schwerstbehinderter. Mit MS ändert sich das Leben. Aber nicht unbedingt zum Schlechteren.

Von Seiten der MS bist Du ja eigentlich bisher nicht sehr beeinträchtigt. In der aktuellen Zeit dauermüde zu sein, betrachte ich (auch für mich) gerade als normal. Zukunftsängste sind nicht hilfreich. Negativen Streß sollte man bei MS ohnehin möglichst meiden. Zum persönlichen Verlauf der MS kann niemand für die Zukunft eine garantierte Einschätzung geben.

Bezüglich der Medikation mußt Du nicht sofort entscheiden. Nimm Dir Zeit, dich umfassend zu informieren. Auch eine zweite Meinung (MS-Ambulanz?) ist auf alle Fälle nicht verkehrt.

Julia hat Dir ja einen guten Link zur Aufklärung über diverse Medikamente geschickt. Milde Basistherapien bei MS gibt es nicht wirklich. Was es gibt sind möglicherweise Medikamente mit guter Wirkung und keinen spürbaren Nebenwirkungen. Das mußt Du für Dich abwägen und gegebenenfalls ausprobieren.

Ich wünsche Dir, daß Du die nächste Zeit gut für Dich sorgen kannst. Wir stehen Dir virtuell bei Fragen gern zur Verfügung, können aber immer nur aus unserem persönlichen Erfahrungsschatz berichten.

Alles Gute

Marga

von BirgitS
Am
Beiträge: 6846
Registriert: 27. Januar 2015, 13:30

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Manuel,

Frauen gehen mit Krankheiten anders um als Männer.
Hier in diesem Forum sind die Männer nicht stark vertreten, aber vielleicht meldet sich trotzdem noch einer zu Wort.

Ich für mich, leben mein Leben nicht sehr verändert, wie vor der Diagnose.

Klar, in manchen Bereichen zeigt mir der Körper dann die Grenzen auf. Aber damit kann man sich arrangieren.

Birgit

von Manuel90
Am
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dezember 2020, 16:27

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Birgit , hallo Marga,

vielen Dank für euren Beitrag.
Das mag sein, dass die Geschlechter damit anders umgehen, aber ich mache keine Unterschiede zwischen Männer und Frauen.
Es sind aber aufmunternde Neuigkeiten, wenn man hört, dass hier MS Patienten sind, die einem Mut machen können und zeigen, dass man auch ein relativ normales Leben weiterführen kann, ohne extreme Einschränkungen.
Man sieht einfach in diesem Moment seine Ziele und Träume gefährdet und den Boden unter den Füßen weggerissen.
Ich glaube, dass bei der Bewältigung auch die innere Einstellung eine wichtige Rolle spielt.

Habt ihr euch mit den Themen Selbstheilung durch die mentale Einstellung mal befasst?

Ich bin aktuell zwar überhaupt nicht in dieser Verfassung, aber ich bin der Meinung, dass man durch seine innere Einstellung zu der Sache den Krankheitsverlauf positiv oder negativ beeinflussen kann.

Wie seht ihr das?

von BirgitS
Am
Beiträge: 6846
Registriert: 27. Januar 2015, 13:30

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Manuel,

natürlich ist die innere Einstellung das A und O.
Aber Selbstheilung? Meiner Ansicht nach, eher nicht.

Als ich die Diagnose erhielt, dachte ich auch sofort an die vielen (Reise)Pläne, die ich noch habe.
Ein Jahr später waren mein Mann und ich mit dem Wohnmobil in den USA unterwegs. Da hatte ich noch die Adressen der Krankenhäuser rausgesucht.

Letztes Jahr waren wir vier Wochen weg zum Nordkapp. Inzwischen ist die Angst vor einem Schub während des Urlaubs nur noch weit im Hinterkopf vorhanden.

Deine Diagnose ist noch frisch und du brauchst Zeit, dich darauf einzustellen.

Birgit

von BirgitS
Am
Beiträge: 6846
Registriert: 27. Januar 2015, 13:30

Re: MS Diagnose erhalten nach Covid Erkrankung

Hallo Manuel,

ich will nach etwas hinterherschieben.
Das ist der Preikostolen. Die doch etwas anspruchsvolle Wanderung habe ich knapp zwei Jahren nach der Diagnose gemacht.

Wenn man bedenkt, dass ich nach dem Krankenhausaufenthalt damals Mühe hatte, 200 m zu laufen.

Ich hoffe, das nimmt dir die Angst, dass nichts mehr so sein wird, wie zuvor.

Birgit