MS und Sport, geht das?
Es ist noch gar nicht lange her, dass Mediziner*innen MS-Betroffenen von Sport und Bewegung entschieden abrieten. Die körperliche Anstrengung könne wichtige Energiereserven rauben, die man zur Bewältigung des Alltags braucht. Sie löse auch Krankheitsschübe aus und habe damit negativen Einfluss auf den Verlauf der MS, so die Annahme.
Probleme beim Sport: das Uhthoff-Phänomen
Tatsächlich können sich Symptome wie Gefühls- und Sehstörungen sowie Probleme beim Gehen oder Stehen verschlimmern, wenn die Körpertemperatur bei sportlicher Aktivität steigt. Expert*innen bezeichnen diese Besonderheit auch als Uhthoff-Phänomen, benannt nach dem deutschen Augenarzt Wilhelm Uhthoff. Es tritt bei bis zu 80 Prozent der MS-Betroffenen auf – nicht nur bei Sport und Bewegung, sondern zum Beispiel auch bei hohen Außentemperaturen oder beim Duschen und Baden mit heißem Wasser.
Uhthoff-Phänomen: Das geht vorüber
Wichtig für dich zu wissen: Das Uhthoff-Phänomen ist kein Hinweis auf einen Krankheitsschub. Die Symptomverschlechterung ist nur vorübergehend und verschwindet, sobald sich die Körpertemperatur normalisiert hat. Vom Uhthoff-Phänomen abgesehen ist sich die medizinische Forschung heute einig, dass Sport und Bewegung bei MS weder schaden noch den Krankheitsverlauf verschlechtern. Im Gegenteil: Ein auf dich und deinen Körper abgestimmtes Sportprogramm fördert die allgemeine Gesundheit und kann MS-typische Symptome lindern.
Sport und Bewegung: nicht nur für chronisch Kranke gesund
Sport und Bewegung sind für jeden Menschen gesund – ganz egal ob er eine chronische Erkrankung wie MS hat oder nicht. Körperliche Aktivität hilft etwa, überflüssige Pfunde zu verlieren oder das Gewicht zu halten, senkt die Blutfettwerte, normalisiert den Blutdruck, verringert das Risiko, an Krebs zu erkranken, und wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus. Wer regelmäßig Sport treibt, tut auch seiner Psyche etwas Gutes. Denn Sport kann depressive Verstimmungen verhindern oder mildern und sorgt für eine gesteigerte Lebenszufriedenheit. Und noch etwas: Sportlich aktive Menschen sind – bezogen auf ihre motorischen Fähigkeiten – rund zehn Jahre jünger als Couchpotatoes.
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Was Sport und Bewegung bringen
Ein typisches Problem bei MS ist Muskelschwäche. Muskeltraining unterstützt dich dabei, dem Muskelschwund entgegenzuwirken. Es hat sich gezeigt, dass regelmäßiges Krafttraining bei MS-Betroffenen sowohl Muskelkraft als auch Muskelfunktion steigern kann. Ein weiterer Vorteil starker Muskeln: Sie können dein Koordinationsvermögen und die Stabilität deiner Gelenke erhalten und verbessern.
Auch Ausdauertraining kann dazu beitragen, dass du länger mobil und eigenständig bleibst. Damit lassen sich zum Beispiel die Gehfähigkeit und die allgemeine Beweglichkeit steigern. Gegen das Fatigue-Syndrom, von dem viele Menschen mit MS betroffen sind, lässt sich ebenfalls angehen. Es äußert sich durch anhaltende Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit. Bewegungsmangel verschlimmert diesen Zustand – Sport und Bewegung unterstützen dich, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Nordic Walking, Radfahren oder Tanzen?
Verschiedene Sportarten sind bei bestimmten MS-typischen Beschwerden besonders geeignet. Wer etwa von spastischen Lähmungen betroffen ist, profitiert vor allem von Nordic Walking, Tai Chi, Yoga, Reiten oder Golf. Wenn du vor allem Koordinationsvermögen und Gleichgewichtssinn trainieren möchtest, kannst du Radfahren oder Tanzen. Bei Sehstörungen bietet sich vor allem Gymnastik oder Laufen auf dem Laufband an. MS-Betroffene, bei denen das Uhthoff-Phänomen stark ausgeprägt ist, treiben am besten Wassersport. Trotzdem solltest du prüfen, ob diese allgemeinen Empfehlungen für dich gelten. Denn das Ausmaß der Symptome und damit verbundener Behinderungen ist bei allen MS-Betroffenen anders.
Individuelles Sportprogramm: besser ärztlich abklären
Grundsätzlich gilt: Möglich ist alles. Warst du schon immer sportlich aktiv, spricht trotz MS-Diagnose nichts dagegen, deine Sportart weiterhin auszuüben. Je nachdem wie stark bestimmte Symptome ausgeprägt sind, solltest du aber den Grad der körperlichen Belastung und eventuell auch die Sportart anpassen. Empfehlenswert ist, den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin zu fragen, welche Einschränkungen vorliegen und auf was zu achten ist. Wenn du vor deiner MS-Diagnose eher unregelmäßig Sport getrieben hast, solltest du auf jeden Fall deine allgemeine Sporteignung prüfen lassen. Dabei lässt sich ärztlicherseits feststellen, ob du zusätzlich zu deiner MS etwa eine Herz-Kreislauferkrankung, Gelenkprobleme oder andere Beschwerden hast. Erhältst du grünes Licht, kannst du loslegen. Bist du unsicher, wie und womit du starten sollst, können Sporttherapeut*innen weiterhelfen. Auf Wunsch erstellen sie auch ein maßgeschneidertes Sportprogramm.
Mehr Tipps zu Sport und Bewegung
Wertvolle Tipps und Anregungen zum Thema Sport und körperliche Aktivität bietet die Broschüre MS und Bewegung.
Auch auf der Website der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft Die DMSG bewegt findest du viele Infos zu Sport und Bewegung. Aquasport, Gerätetraining, Klettern, Outdoor-Sport oder Hippotherapie kommen ausführlich zur Sprache. Außerdem erfährst du, wie du die geeignete Sportart für dich findest.