Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?

Gerade ohne Erfahrung können ein paar kleine Hilfestellungen Großes bewirken.
von butterblume
Am
Beiträge: 101
Registriert: 10. April 2013, 11:06

Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?


Hallo Ihr Lieben,

mich interessiert mal sehr, wer von Euch im sek. prog. Verlauf ist und noch einer Berufstätigkeit nachgeht?

Ich bin seit drei Jahren berentet und versuche seitdem immer mal wieder, im Rahmen eines Minijobs ein paar Stunden zu arbeiten. Nach kurzer Zeit aber merke ich jedesmal, dass es mir unglaublich schwer fällt, den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden, mit all seinen Facetten.

Obwohl es sich ja wirklich nur um wenige Stunden handelt, die ich arbeite, ist die Krankheit ja nunmal präsent und auch in dieser Zeit muss eigentlich in einem gewissen Rahmen von mir und auch den Kollegen darauf bedingt Rücksicht genommen werden. Es scheitert immer wieder daran, dass sich das mit den beruflichen Anforderungen (obwohl Bürojob und überwiegend sitzende Tätigkeit) nicht vereinbaren lässt. Auch jetzt bspw. - ich brauche einen Kortisonstoß und lasse ihn kommende Woche bei meinem Hausarzt ambulant vornehmen - habe ich ein unglaublich schlechtes Gewissen, weil ich in dieser Woche nicht arbeiten kann (ich halte es für sinnvoller, mich krankschreiben zu lassen, oder?) und mich ja noch in der Probezeit befinde. Auch kann ich ja nicht sagen, ob die Korti-Therapie Erfolg hat, evtl. kommt bald eine Therapie mit Mitox in Betracht. Soll heißen, ich bin also derzeit dauernd mit der MS beschäftigt und werde deshalb den Job wohl selbst wieder kündigen.

Würde mich sehr interessieren, was Ihr für Erfahrungen gemacht habt; wie handlet Ihr das alles? Zeitlich, organisatorisch etc. pp. Ich kann mich zurzeit gar nicht richtig auf Arbeit konzentrieren, weil die MS mich so ängstigt und sich so massiv meldet (erheblich verkürzte Gehwegstrecke innerhalb von ca. 6 Wochen).

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag
Brigitte

von parsley
Am
Beiträge: 332
Registriert: 21. Juni 2015, 13:49

Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?

Der Thread ist zwar schon älter, mich beschäftigen und belasten aber momentan sehr ähnliche Fragen. (Dass der MRT-Befund so gar keine Veränderungen zeigt, lässt mich eher noch mehr zweifeln. Auch wenn beim progredienten Verlauf ja eher keine neuen Herde hinzukommen, oder?) Ob Psychotherapie hier hilfreich sein kann? Ich hoffe es...

Hattest du noch andere Symptome, weshalb du Cortison bekommen hast? Ich habe auch Termine, um Cortison-Infusionen zu erhalten. Sie waren mir nicht nahegelegt, sondern nur vorgeschlagen worden, da es sich bei der schnellen Erschöpfung (nach körperlicher Betätigung) eventuell um einen schon länger zurückliegenden Schub handeln könnte, was nicht sehr wahrscheinlich ist, aber möglich. Eigentlich möchte ich die Termine nun doch wieder absagen, weil sie mir wenig zielführend erscheinen. Die letzte Cortisonstoßtherapie bekam mir aber sehr gut – und da lag der Schub (klar erkennbar als Schub) auch schon eine Weile zurück... der klang wieder ab.

Wenn man alles bis ins kleinste Detail hinterfragen muss und so viele Fragen schulmedizinisch gar nicht geklärt werden können, bleibt einem ja nicht viel anderes übrig, als sich permanent mit der Erkrankung zu beschäftigen...

Soll man also warten, bis man gekündigt wird, aufgrund der vielen Krankmeldungen oder selbst kündigen? Oder auf Besserung hoffen? Noch sind die Kollegen und Vorgesetzten sehr verständnisvoll, wenn ich mal wieder schreibe, dass ich noch länger krankgeschrieben bin. Eigentlich bin ich noch nicht bereit die Hoffnung aufzugeben. Aber das kostet ja auch eine Menge Kraft... das Hoffen.

von hexe123
Am
Beiträge: 64
Registriert: 19. September 2013, 23:04

Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?

Hi Parsley,

ich habe auch sekundär progrediente MS(SPMS). Das wurde nach einen heftigen Schub festgestellt und ich bekam auch eine Cortison Stoßtherapie. Ich bin nun schwerbehindert.

Nach langer Krankheit habe ich einen Antrag auf Teilerwerbsunfähigkeitsrente gestellt und dieser Antrag wurde bewilligt und ich arbeite nun 5 Stunden und bekomme noch dazu eine halbe Erwerbunfähigkeitsrente(EU Rente).
Finanziell komme ich durch Wegfall der Steuerprogression sehr gut über die Runden.

http://www.deutsche-rentenversicherung. ... _node.html


Ich bin auch mit der Fatique konfrontiert und baue schnell ab. Ich kann während meiner Arbeit kleine Pausen machen und das hilft mir sehr. Nach der Arbeit muss ich meist 1-2 Stunden schlafen. Anders geht es nicht.

"Soll man also warten, bis man gekündigt wird, aufgrund der vielen Krankmeldungen oder selbst kündigen? Oder auf Besserung hoffen? Noch sind die Kollegen und Vorgesetzten sehr verständnisvoll, wenn ich mal wieder schreibe, dass ich noch länger krankgeschrieben bin."

Selber kündigen würde ich an deiner Stelle nicht machen. Erst würde ich an deiner Stelle eine Reha beantragen damit du lernst mit deiner MS besser umzugehen und dann erkundigen ob es möglich ist Teilerwerbsunfähigkeitsrente zu bekommen bei der Rentenversicherung und den Betriebsrat fragen ob der Arbeitgeber so was mittragen würde.

LG Claudia

von parsley
Am
Beiträge: 332
Registriert: 21. Juni 2015, 13:49

Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?

Danke für deine Antwort!

Der Schub hat sich durch die Cortisoninfusionen aber nicht noch verschlechtert, oder? Cortison konnte den Schub "einfach" nicht rückgängig machen, bzw. die Symptome nicht wieder verschwinden lassen? Hast du Cortison wegen der Fatigue erhalten?

Bist du noch in der gleichen Firma tätig?

Tut mir leid, dass ich so viele Fragen stelle. Brauchst du natürlich nicht zu beantworten.

Ich bin an einer Schule tätig (75%; im nächsten Schuljahr noch weniger... dazu hatte ich mich schon vor einer Weile entschieden... da hatte ich noch alles auf stressbedingtes Untergewicht geschoben). Da ist's halt schwierig, dann Pausen zu machen, wenn man sie bräuchte. Ja, Teilerwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen war mir vom Neurologen auch nahegelegt worden. Aber irgendwie bin ich noch nicht so weit. Solange ich mich nicht anzustrengen brauche, geht's mir ja nicht schlecht...

Es hilft wahrscheinlich, sich vom Computer zu entfernen. Dann kann man sich ja aber nicht mehr informieren, was einem ja von allen Seiten nahegelegt wird, da man besser akzeptieren kann, wenn man die Zusammenhänge versteht. Wenn die Schulmedizin aber sie noch nicht einmal versteht...

Habe einen Psychotherapie-Termin am Dienstag (über die DMSG... wenn man sich selbst jemanden sucht, wartet man wahrscheinlich Jahre, oder? Obwohl ich wohl ohnehin nicht darum herumkommen werde, PT längerfristig in Anspruch nehmen zu müssen). Ich glaube Psychotherapie brauche ich dringender als eine Reha – später muss man ja auch in seinem eigenem Umfeld klarkommen. (Vielleicht hätte ich damit 2008 schon beginnen sollen, als ich die Diagnose erhielt. Aber da hatte ich irgendwie Wichtigeres zu tun... Und dann eine Menge Glück, dass ich von der MS so lange in Ruhe gelassen wurde.)

von hexe123
Am
Beiträge: 64
Registriert: 19. September 2013, 23:04

Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?

Hi parsley,

ich stehe jetzt unter Avonnex Einfluss(habe heute mir wieder eine Spritze setzen müssen) und dadurch kann es sein das ich Worte oder Buchstaben vergesse zu tippen.

Zu deinen Fragen:

Ich bin im öffentlichen Dienst angestellt und arbeite als techn. Angestellte an der Uni. Dort gibt es einen Personalrat und ich bin auch als Stellvertreterin im Personalrat.

Ich arbeite 5 Stunden jetzt am Tag mehr schaffe ich nicht. Vorher war ich dort Vollzeit beschäftigt.

Als ich 2013 meinen großen Schub durch MS hatte, hatte ich Gangstörungen, Schwindelgefühle, Fatigue und Störungen im Gedächtnis, zum Schluss konnte ich nicht mehr richtig multiplizieren und addieren. Das habe ich mir wieder erlernt nach der Kortison Stosstherapie. Die Kortison Stosstherapie hat erstmal weitere Verschlechterungen gestoppt. Die Kortison Therapie wirkte eine Woche später erst. Am Anfang bin ich im Bett Achterbahn gefahren und bin wie "volltrunken" rum getorkelt. Bin deswegen oft Taxi gefahren.

Ich habe noch immer manchmal Wortfindungsstörungen und Namen von Menschen zu merken ist für mich ein Problem. Nach und durch die Reha sind viele Störungen bei mir zurück gegangen oder schwächer geworden. Ich habe dort gelernt wieder eine Treppe/Stufen ohne Geländer runter zu gehen und und und Ich musste vieles wieder neu erlernen oder ranholen.

Nach sechs Monaten konnte ich dann wenigstens für 5 Stunden wieder arbeiten gehen am Anfang gingen nur 3 Stunden arbeiten für mich. Nach dem Hamburger Modell habe ich mich wieder so langsam hochgekämpft. Ganz gesund bin ich nicht und werde das auch nie wieder werden. :( Aber ich kann mich so über Wasser halten. Schlimmer wäre es für mich wenn ich voll erwerbsunfähig wäre oder arbeitssuchend.

Wenn du meinst eine Psychotherapie hilft Dir dann mach es.

LG Claudia




von parsley
Am
Beiträge: 332
Registriert: 21. Juni 2015, 13:49

Sek. chronisch und berufliche Tätigkeit?

5 Stunden täglich klingt für mich mehr als genug. ;) Und dass man Dinge neu/wieder erlernen kann, macht Mut! Das wird viel zu selten betont! Aus diesem Grunde habe ich mich damals nach der Diagnose, nachdem meine Symptome (eigentlich nur ein heißer/später gereizter Oberschenkel) abgeklungen waren, überhaupt nicht mehr mit MS beschäftigen wollen... Was relativ gut geklappt hat.

Manche Namen konnte ich mir noch nie gut merken. ;) Die Namen der Caught-in-the-Act-Mitglieder (inkl. Nachnamen) weiß ich aber alle noch. Man muss halt Prioritäten setzen. ;)

Ich hatte auch anfangs (beinahe) eine Vollzeitstelle, habe aber sehr schnell gemerkt, dass mich das auf Dauer zu sehr schafft. Nun ja, als Quereinsteiger sollte man aber auch keinen vollen Stundenplan übernehmen... Trotzdem habe ich den Stress damals eher als beflügelnd empfunden. Da hatte ich aber auch noch keine Probleme, zur Bushaltestelle zu kommen. Oder auf Ausflügen mit dem Gehtempo der Schüler mitzuhalten.

Ich fürchte ja, dass man ewig auf Termine warten muss... Aber ich warte jetzt mal ganz gelassen (mit koffeinfreien Grüntee-Kapseln) das Gespräch am Dienstag ab. Vielleicht bekomme ich dort ja hilfreiche Tipps. Sonst müssen halt die Physiotherapeuten auch noch als Psychotherapeuten herhalten. Machen sie eigentlich ganz gut. :)