Frischling

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von Natalie08
Am
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Registriert: 2. Januar 2017, 10:41

Frischling

Hallo!

Erstmal zu mir: Ich bin 40 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Kinder (siebzehn und acht). Ich gehe in Teilzeit arbeiten (18 Stunden in der Woche) und habe dadurch einen recht umtriebigen Alltag.

Ich habe ein paar Tage vor Weihnachten meine Diagnose erhalten.....mein rechtes Bein wollte einfach nicht mehr so, wie ich es gerne gehabt hätte. Konnte kaum laufen. Mein Knie drückte sich durch und mein Fuß ließ sich kaum anheben. Der Neurologe dachte zuerst an einen Bandscheibenvorfall. Glücklicherweise kam ich einen Tag später in eine Fachklinik für Neurologie. Dort wurde im MRT festgestellt, dass ich mehrere akute Entzündungen im Gehirn habe und auch eine im Rückenmark (auch ältere Läsionen wurden gesehen). Lumbalpunktion wurde am Tag darauf vorgenommen und mit der Cortisontherapie (5 Tage 1 Gramm) angefangen. Meine letzte Infusion war am 26.12.

Von diesem Schock habe ich mich ehrlich noch nicht erholt. Am Mittwoch kommt eine MS Schwester und zeigt mir den Umgang mit Copaxone.....Krankengymnastik habe ich letzte Woche bereits angefangen.

Meine Symptome haben sich schon fast vollständig wieder zurückgebildet. Allerdings bin ich extrem schwach auf den Beinen (hatte ich vorher noch nie) und zittrig.....vielleicht kommt das noch vom Cortison?

Ich habe jetzt ständig Angst, dass es schon ein neuer Schub ist bzw. dass die Entzündungen schlimmer geworden sind. Das kann man ja leider erst wieder bei einer neuen MRT Untersuchung (in 6 Monaten) feststellen. Diese Woche bin ich noch krank geschrieben. So schwach wie ich mich momentan fühle, weiß ich allerdings nicht, ob ich schon wieder arbeiten kann......

Wie sind denn Eure Meinungen dazu?

Ganz liebe Grüße aus Bayern!
Zuletzt geändert von Natalie08 am 2. Januar 2017, 10:57, insgesamt 1-mal geändert.

von susaen
Am
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Frischling

Hi Natalie08,

bis so eine Diagnose verdaut ist, dauert es längere Zeit.
Das kennen hier die meisten, also es ist nichts ungewöhnliches.

Natalie08 hat geschrieben: Am Mittwoch kommt eine MS Schwester und zeigt mir den Umgang mit Copaxone.....
Das geht bei dir aber sehr schnell.

Hast du dich ausführlich über die ganzen Möglichkeiten informiert?
Hat dich der Arzt über alle verfügbaren Therapien und deren Wirkungswahrscheinlichkeit aufgeklärt.

Und auch wie lange die ca. brauchen, bis vielleicht eine Schutzwirkung aufgebaut ist?

Wichtig ist, dass der Arzt dich über die Therapien aufgeklärt hat und nicht die MS-Schwester.
Natalie08 hat geschrieben: Krankengymnastik habe ich letzte Woche bereits angefangen.
Das ist gut. Wichtig ist dabei das sich der Therapeut auch mit MS auskennt.
Natalie08 hat geschrieben: Meine Symptome haben sich schon fast vollständig wieder zurückgebildet. Allerdings bin ich extrem schwach auf den Beinen (hatte ich vorher noch nie) und zittrig.....vielleicht kommt das noch vom Cortison?
Wurde der Minaralstoffhaushaut bei dir unter Kortison überprüft?
Also Kalium und Magnesium vorwiegend?
Das Kortison ist nach ein paar Tagen vollständig aus dem Körper raus, die Nachwirkungen können aber noch länger anhalten. Welches Kortison hast du denn bekommen?
Prednisolon? Prednison? Methylprenisolon? Ist zwar alles Kortison, aber doch sehr verschieden.
Natalie08 hat geschrieben: Ich habe jetzt ständig Angst, dass es schon ein neuer Schub ist bzw. dass die Entzündungen schlimmer geworden sind. Das kann man ja leider erst wieder bei einer neuen MRT Untersuchung (in 6 Monaten) feststellen.
Zwischen zwei Schüben muss mind. ein Monat liegen, ansonsten ist es noch der gleiche Schub.

Ein Schub wird auch NIE im MRT festgestellt!!! Dafür sind die MRTs viel zu unzuverlässig!
Wenn dich ein Arzt bei einem Schub verdacht erst ein MRT machen will, such dir schnell einen neuen!

In 6 Monaten wird wahrscheinlich das Baseline MRT zur MS Therapie gemacht.

Denn die meisten Therapien brauchen mind. 6 Monate bis die vielleicht wirken.
Alles was in dieser Zeit passiert, wird nicht einem Therapieversagen zugeordnet.

Meist wird daher nach ca. einem Jahr nochmal ein MRT gemacht, ob alles OK ist.
Wobei je nach MRT Gerät kann die Lässionsanzahlt sich mal verdoppeln, ohne das was passiert ist.

Denn je nach Feldstärke vom MRT Gerät sieht man mal mehr oder weniger. Auch fahren nicht alle Ärzte immer die gleichen MRT Protokolle, somit solltest du dem MRT nie zuviel Gewicht zurechnen.

Ein Schub wird nur anhand der klinischen Ausfälle festgestellt, also eine neurologische Untersuchungen und vielleicht noch die Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit.

Grüße
susaen

von Natalie08
Am
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Registriert: 2. Januar 2017, 10:41

Frischling

Hallo Susaen!

Puh, vielen Dank für die Antwort!

Wie gesagt, es ging alles rasend schnell! Am Mittwoch rein in die Röhre und dann gleich die Diagnose.....am Tag drauf dann die Punktion.....Diagnose nochmal untermauert damit.

Mir wurde dann von der Ärztin empfohlen, baldmöglichst mit einer Basistherapie anzufangen. Über die verschiedenen Möglichkeiten wurde ich aufgeklärt bzw. es wurde auch mit mir darüber gesprochen. Mir wären Tabletten lieber gewesen, aber Aubagio kommt wegen den Nebenwirkungen erstmal nicht in Frage und die andere Tablette (hab leider den Namen nicht mehr im Kopf) wollt ich wegen dem "Virus" erstmal ausklammern (das Blutergebnis steht noch aus....).

Welches Cortison es war, müsste ich im Arztbrief nachlesen.....den hab ich dooferweise bei meinem Hausarzt abgegeben. Ich wurde während der Cortisontherapie zwei Tage hintereinander mehrmals auf ungewöhnliche Blutzuckerwerte überwacht und hab auch Kalium als Tablette verabreicht bekommen. Überhaupt wurde sehr oft Blut abgezapft. Mein Vitamin D Wert war mega niedrig (11), so dass ich jetzt auffülle mit Dekristol.....eine Woche lang 1 Tablette und dann einmal die Woche 1.....

Ich hab irgendwie das Gefühl, als würde es mir jetzt nach Diagnose und Cortison richtig mies gehen. Klar, ich kann wieder laufen!!!!! Das ist natürlich mega toll.....aber ich bin sooooo tattrig! Vielleicht ist der Körper einfach erschöpft und braucht die Kraft um zu "heilen"......

von susaen
Am
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Registriert: 24. Januar 2013, 16:37

Frischling

Hi Natalie08,

Kortison soll immer nur die akute Entzündung stoppen und vielleicht noch die Bluthirnschranke wieder abdichten, aber das war es auch schon.

Für di Rückbildung ist nur dein Körper verantwortlich.

Mit Kortison geht es zwar schneller, aber mehr auch nicht.

Neben Kalium gehört auch Magnesium überwacht.

Normalerweise geht es nach ca. 5-10 Tage nach Kortison wieder besser, dann hat sich der Mineralstoffhaushalt wieder normalisiert.

Wie waren denn Puls und Blutdruck unter Kortison? Und wie sind die jetzt?

Einen beginn einer schnellen Therapie wird seit Jahren immer mehr empfohlen, davor war es so, das erst mind. der zweite klinische Schub abgewartet worden ist.

Denn die meisten MSler haben auch ohne Therapie nur alle paar Jahre einen Schub, da bringt es dann sehr wenig eine Therapie mit Nebenwirkungen über die Jahre zu machen.
Denn so denkt man, das die Therapie wirkt, aber die MS ist sehr ruhig und zeigt von sich aus keine Aktivität.

Dabei wirkt die Therapie gar nicht, denn es gibt keine Wirkungsgarantie für die Therapie.

Dazu kannst du dir gerne mal das hier durchlesen:
http://www.ms-netz-hamburg.de/wp-conten ... z_2013.pdf

ist zwar älter, aber es fasst die schlechte Studienlage zu den Medikamenten gut zusammen.

Und hier gibt es unabhängige Infos über die ganzen Therapie und Alternativen bei MS, sehr kritisch zusammengefasst:
http://tims-trier.de/zims/

Die andere Tablette heißt Tecfidera, ist pharmakologisch gesehen aber auch ein Immunsuppressivum, auch wenn die Neurologen es anderes verkaufen. Auch hier haben einige Haarausfall und andere typische Nebenwirkungen von Immunsuppressiva.

Wenn du eine Therapie mit langzeiterfahrung machen willst, sind die Interferone (Avonex, Betaeron, Extavia, Plegridy und Rebif) und Copaxone noch die erfahrendsten Medikamente.

Uns statistisch sind die nicht viel schlechter in der Wirkung als die neuen Immunsuppressiven Tabletten und was die Nebenwirkungen angeht, um einiges besser erforscht.

Grüße
susaen

von Natalie08
Am
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Registriert: 2. Januar 2017, 10:41

Frischling

leider hab ich Probleme mit hohem Blutdruck und nehm da auch Tabletten.....dies begann vor ca. 1 Jahr und ich wurde mega durchgecheckt (Kardiologe, Endokrinologe), weil ich vom Alter und Gewicht usw. nicht der typische Blutdruckpatient bin. Ursachen konnte man keine finden....

Während des Cortisons war der Blutdruck minimal höher, aber nicht im gefährlichen Bereich.

Meine behandelnde Ärztin hat mir gesagt, dass alle Symptome innerhalb von zwei Wochen nach Cortison weg sein sollen. Ansonsten soll ich wieder ins KH um mir die "doppelte Dosis" zu holen. Puh, da bin ich aber nicht begeistert! Zumal mein "Symptom" ja das lahme Bein war (das zu 95 % schon wieder da ist). Die jetzigen Beschwerden (Müdigkeit und Kraftlosigkeit in den Beinen) hab ich erst nach dem Cortison entwickelt. Nach einer halben Stunde KG fühl ich mich, als wär ich den Mount Everest hoch.....

Ich hab jetzt schon so oft gelesen, dass der Körper einfach seine Zeit braucht um zu "heilen". Vielleicht bin ich zu ungeduldig und hätt gerne wieder den Zustand von früher - und das ganz pronto. Ist schon komisch....

von susaen
Am
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Registriert: 24. Januar 2013, 16:37

Frischling

Hi Natalie08,

die doppelte Kortisondosis bringt nur dann was, wenn die MS Symptome sich weiterhin verschlechter haben, also ds Kortison bisher keine Wirkung gezeigt hat.
Es gibt auch MS Typen, da hilft kein Kortison, sondern nur eine Plasmapherese bzw. Immunabsorbtion.

Leider hat es sich eingebürgert, dass immer wenn noch etwas an Symptomen da ist, gleich die doppelte Dosis zu geben, das hat aber keinen wissenschaftlichen Hintergrund, sondern ein paar Neurologen haben damit eine Erfahrung gamacht und so kam es in die ein oder eine Empfehlung rein.

Von daher ist das hier ganz lesenswert:
http://www.ms-netz-hamburg.de/wp-conten ... lerose.pdf

Auch die deutsche Leitlinie zur Behandlung von MS ist nichts anderes als eine reine Empfehlung, weil die nicht valide genug ist um einer wissenschaftlichen Leitlinie zu entsprechen.
http://tims-trier.de/wp-content/uploads ... ll_das.pdf

Bis sich MS Symptome zurückbilden können auch mal Monate vergehen, das ist keine Seltenheit.
Außerdem gibt es keine Garantie für eine Rückbildung.

Zwar vertreten einige Ärzte noch die 6 Monatsregel, alles was dann nicht Zurückgegangen ist, bleibt dauerhaft, aber es gibt genügend Berichte, dass sich auch danach noch etwas zurückbildet.

Es braucht halt alles Zeit.

Und die beste Rückbildung erreicht man noch heute mit Training.

Es gibt bis heute kein Medikament, das die MS Schäden repariert.

Grüße
susaen

von Natalie08
Am
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Registriert: 2. Januar 2017, 10:41

Frischling

Na ja, da meine Lähmung quasi wieder weg ist und ich nun auch zweimal die Woche zur KG möchte, seh ich schon eine deutliche Besserung (die Verbesserung setzte sich aber auch schon vor dem Cortison in Bewegung....).

Eventuell fühl ich jetzt auch einfach anders in den Körper rein.....hatte doch vor der Diagnose so einige Zipperlein, die ich zwar wahrgenommen habe, aber auf den Blutdruck bzw. auf die Medikamente geschoben habe.

Jetzt im Nachhinein ist klar, dass es MS Symptome waren. Ich konnte damit gut leben und werde das hoffentlich auch weiterhin können.

Ich finde es nur seltsam, dass der Körper jetzt so geschwächt reagiert. Klar, ich habe Entzündungen im Gehirn! Das ist ja nicht wie Magen/Darm/Grippe.

Habe nur einfach große Angst. Da komm ich nicht drum rum. Sollte dringen wieder zur Arbeit und hab Angst davor, dass ich mir zu schnell zu viel zumute.

von susaen
Am
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Registriert: 24. Januar 2013, 16:37

Frischling

Hi Natalie08,
Natalie08 hat geschrieben: Na ja, da meine Lähmung quasi wieder weg ist und ich nun auch zweimal die Woche zur KG möchte, seh ich schon eine deutliche Besserung (die Verbesserung setzte sich aber auch schon vor dem Cortison in Bewegung....).
Zwar sagen gerade Neurologen dem Kortison gute Wirkung bei MS zu, dabei liegt die Regeneration nur beim Körper und nicht dem Kortison!
Natalie08 hat geschrieben: Eventuell fühl ich jetzt auch einfach anders in den Körper rein.....hatte doch vor der Diagnose so einige Zipperlein, die ich zwar wahrgenommen habe, aber auf den Blutdruck bzw. auf die Medikamente geschoben habe.
Das ist normal, und sollte sich auch mit der Zeit wieder legen.

Ich checke nur kurz am Morgen meinen Körper ab, und dann geht der Tag seinen ganz normalen weg.
Natalie08 hat geschrieben: Jetzt im Nachhinein ist klar, dass es MS Symptome waren. Ich konnte damit gut leben und werde das hoffentlich auch weiterhin können.
Du kannst die MS auch schon seit 20 Jahren haben, ohne das es groß aufgefallen ist, das weiß man halt erst im nachhinein.
Und wie gut du damit leben kannst, hängt dabei auch vorwiegend nur von dir ab.
Also, wie gehst du mit der Krankheit um.
Natalie08 hat geschrieben: Ich finde es nur seltsam, dass der Körper jetzt so geschwächt reagiert. Klar, ich habe Entzündungen im Gehirn! Das ist ja nicht wie Magen/Darm/Grippe.
Das hängt nicht mit den Läsionen im Gehirn zusammen, sondern liegt ehr noch am Kortison.

Denn nur jede 7.-10. Läsion führt zu körperlichen Symptomen, der Rest läuft ganz unterschwellig ab.

Es gibt zwar eine Studie, dass MSler häufiger auch Kopfschmerzen haben, aber dabei wurde nicht beachtet, dass die meisten MS Medikamente Kopfschmerzen als Nebenwirkung haben.

Ein anderes Thema ist auch noch die Psyche, die kann auch einen mal ganz schnell niederstrecken.
Natalie08 hat geschrieben: Habe nur einfach große Angst. Da komm ich nicht drum rum. Sollte dringen wieder zur Arbeit und hab Angst davor, dass ich mir zu schnell zu viel zumute.
Die Arbeit rennt dir nicht weg, denk mal an dich.

Wenn du dich nicht fit fühlst, lass dich länger krankschreiben.

Grüße
susaen

von Natalie08
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Registriert: 2. Januar 2017, 10:41

Frischling

Nochmal danke an Dich, susaen!

Es ist sehr hilfreich für mich, meine Sichtweise oder Problemchen mit anderen Betroffenen teilen zu können. Gleich ist KG Zeit......bin heut so unmotiviert, weil ich so schlapp bin. Aber kneifen gilt nicht!

Danach kommt eine Freundin meiner Tochter zum spielen vorbei.....da kann ich mich dann ausruhen.

Ich muss einfach auch erst noch lernen, dass ich mich künftig vielleicht etwas mehr ausruhen muss/darf/soll!

Ein neuer Lebensabschnitt hat begonnen - aber das muss nicht immer schlecht sein!

von BirgitS
Am
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Registriert: 27. Januar 2015, 13:30

Frischling

Hallo Natalie,

willkommen hier im Forum. Der Austausch hier tut dir bestimmt auch gut.

Bei mir hat sich der Schub und die anschließende Diagnose auch mit der Kraftlosigkeit des rechten Beins geäußert.

Lass dir Zeit. Ich war insgesamt 6 Wochen krank geschrieben. Nach dem Krankehaus ging es sofort zur Reha, weil ich ja auch nicht mehr richtig laufen konnte.

Die erste Zeit wieder bei der Arbeit war ich sehr froh darüber, in Teilzeit zu arbeiten. Alles war noch sehr anstrengend und ich habe dann daheim viele Pausen eingelegt.

Auch psychisch muss man das Ganze erst verarbeiten.

Jetzt sind mehr als zwei Jahre vergangen und ich fühle mich meist wie "früher".
Ich nehme Tecfidera und bin zufrieden damit.

Wenn du weitere Fragen hast, nur zu.

Birgit