Die Multiple Sklerose hat unterschiedliche Verlaufsformen.1 Den schubförmigen Verlauf zeichnet das Auftreten von sogenannten Schüben aus. Damit ist das Auftreten neuer oder das Wiederaufflammen bereits bekannter Symptome gemeint.1
Ein Schub ist immer ein Zeichen von Krankheitsaktivität. Der Körper signalisiert: Die MS ist klinisch aktiv 1,2.
Bei einem Schub behindern die aktiven Entzündungsherde (Läsionen) die Weiterleitung von Nervenimpulsen in den betroffenen Nervenfasern, das heißt die jeweilige Funktion wird spürbar unterbrochen. Die Folge sind neurologische Ausfallerscheinungen. Diese Symptome können auch bereits früher aufgetreten und anschließend wieder vollständig abgeklungen sein. Es kann sich jedoch auch um völlig neue Symptome handeln.4 Ob ein Symptom wieder vollständig verschwindet, hängt vom Grad der Nervenschädigung, die die Entzündung verursacht hat, sowie der nachfolgenden Reparatur und Kompensationsreserve ab.3
Teils können die Krankheitszeichen sehr deutlich in Erscheinung treten, teils können sie vom Betroffenen kaum wahrgenommen werden. Typische Symptome eines Schubes können z. B. sein5,6:
Das Uhthoff-Phänomen ist nach dem deutschen Augenarzt Wilhelm Uhthoff benannt und bezeichnet eine vorübergehende Verschlechterung oder Auftreten neuer neurologischer Symptome durch eine Erhöhung der Körpertemperatur, wie sie bei Fieber, hoher Außentemperatur oder auch Anstrengung auftreten kann.7 Es wird vermutet, dass sich durch die Erhöhung der Körpertemperatur vorübergehend die Leitfähigkeit der geschädigten Nervenzellen verschlechtert. Diese vorübergehende Verschlechterung der MS-Symptome wird auch „Pseudoschub“ genannt und bedeutet nicht, dass ein Schub vorliegt.7
Die medizinische Definition ist eindeutig. Ein tatsächlicher MS-Schub liegt vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind.8:
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Zu Beginn der MS bilden sich nach einem Schub die Symptome meist wieder zurück.3 Der Körper versucht die beschädigten Nervenbahnen durch die Bildung von Myelin zu reparieren, damit die Nervenimpulse wieder ihr Ziel erreichen. Dieser Vorgang wird als Remyelinisierung bezeichnet. Im Verlauf der MS nimmt dieses Reparaturpotenzial jedoch ab. Deshalb ist es wichtig die Krankheitsaktivität und damit die Entzündungsaktivität und Schübe durch eine konsequent angewendete verlaufsmodifizierende MS-Therapie möglichst früh im Krankheitsverlauf zu reduzieren oder verhindern. Das Ziel sollte sein eine möglichst lange Gesunderhaltung des Gehirns zu erreichen und die Lebensqualität zu erhalten.3
Die Schubaktivität bei MS ist zu Erkrankungsbeginn meist höher und nimmt unbehandelt in der Regel im weiteren Krankheitsverlauf ab, wenn es in die progrediente Form übergeht.3 Zwischen den einzelnen Schüben können längere Zeiträume liegen. Trotzdem kann eine äußerlich nicht erkennbare Krankheitsaktivität vorhanden sein.8 Hier kann es helfen, sich das Krankheitsgeschehen bei einer MS wie einen Eisberg vorzustellen. Die Schübe sind nur die Spitzen, die aus dem Wasser herausragen: zu verstehen als spürbare Krankheitsaktivität. Unterschwellige Entzündungsaktivität auf Grund der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke, die einen größeren Teil der MS-Aktivität ausmacht, liegt wie der größte Teil des Eisbergs unsichtbar unter Wasser. Nur die bildgebende Untersuchung in der Magnetresonanztomografie (MRT) kann diese sichtbar machen.3,8
Eigene Abbildung zur Visualisierung der spürbaren und nicht spürbaren entzündlichen Prozesse bei MS
Das Krankheitsgeschehen bei MS gleicht einem Eisberg. Akute klinische Symptome, wie die Schübe und MS-bedingte Symptome, also der Teil, der aus dem Wasser herausragt, machen meist einen geringeren Teil aus als die nicht spürbare Krankheitsaktivität, die unsichtbar unter Wasser liegt.3
Da die Anzahl der Schübe und auch weitere MS-Symptome einen großen Einfluss auf den Verlauf der MS haben kann, ist es wichtig, den Körper genau zu beobachten und auf entsprechende Hinweise zu reagieren. Besteht der Verdacht auf einen Schub, solltest du unbedingt einen Arzt oder Ärztin aufsuchen. Er oder sie kann die Symptome untersuchen, gegebenenfalls eine entsprechende Krankheitsaktivität feststellen und eine Schubtherapie einleiten und gegebenenfalls die MS-Therapie anpassen.8
Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und das Kompetenznetz Multiple Sklerose, zwei renommierte und unabhängige Institutionen, empfehlen: Bereits nach dem ersten Schub und damit frühzeitig im Krankheitsverlauf mit einer wirksamen Therapie zu starten, um rechtzeitig die Krankheit zu stabilisieren und das Fortschreiten zu verhindern sowie die Lebensqualität des Betroffenen zu erhalten.3,8,9 Sprich deshalb möglichst frühzeitig mit deinem behandelnden Arzt oder deiner behandelnde Ärztin über die Behandlungsoptionen, um mit einer passenden Therapie den Verlauf der Erkrankung günstig zu beeinflussen.